Wandel sozialpartnerschaftlich gestalten: Betriebliche Potentiale gemeinsam entfalten
Diskussionen zur Zusammenarbeit zwischen den beiden BMAS-Programmen „Wandel der Arbeit“ und Zukunftszentren
Im Rahmen eines gemeinsamen Werkstattgespräches am 07.10.2025 wurden in enger Zusammenarbeit zwischen Berater*innen und Lernbegleiter*innen aus den Zukunftszentren und Projektmitarbeitenden aus „Wandel der Arbeit“ Synergiepotentiale diskutiert.
Im Rahmen einer Teamwerkstatt wurden hierfür vier branchenspezifische Gruppen gebildet. Ziel der Gruppen war es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Zukunftszentren und den Wandel-der-Arbeit-Projekten herauszuarbeiten und darauf aufbauend mögliche Ansätze für Kooperation zu entwickeln, damit Unternehmen künftig noch besser von beiden Förderungen profitieren können. Ausgangspunkt für die Diskussionen bildeten vier vorbereitete Fallbeispiele aus „Wandel-der-Arbeit“-Projekten.
Die folgenden Ergebnisse fassen die zentralen Beobachtungen, Ideen und Handlungsansätze aus den Sessions zusammen.
Produktion
Hinweis: Nachfolgendes Beispiel ist unter besonderer Mitwirkung und Zuarbeit des Zukunftszentrums KI NRW entstanden.
Pitch: Andreas Franke (DigitalGreen Pilot*innen im BMAS-Programm „Wandel der Arbeit“)
Kontakt: a.franke@mpool-consulting.de
Standort: Joseph-von-Fraunhofer-Straße 20, 44227 Dortmund
Projektlaufzeit: 01.10.2023 – 30.09.2026
Inhaltliche Schwerpunkte: (Ökologische) Nachhaltigkeit, Digitalisierung
Branchen: Handwerk-, Metall- und Elektroindustrie
Projektbeschreibung: Im Modellprojekt „DigitalGreen-Pilot*innen – Weiterbildung für den digitalen und ökologischen Wandel“ soll als Leitziel ein Weiterbildungskonzept im Kontext des digitalen und ökologischen Wandels für KMU mit Unterstützung regionaler Sozialparteien in NRW am Beispiel des Handwerks und der Metall- und Elektrobranche entwickelt und erprobt werden. Über die bundesweit tätige Weiterbildungsträgerin DAA (Teilvorhabenpartnerin) werden erfolgreich erprobte Module an bundesweite Weiterbildungsstrukturen transferiert.
Fallgabe aus dem Bereich Automotive Industries
Ausgangslage: Das Unternehmen sieht sich zunehmend gefordert, die grüne Transformation und die Nachhaltigkeit im Unternehmen voranzutreiben. Zukunftsweisende Investitionen sollen mit klimapolitischen Zielen verbunden werden. Neben einer digital gestützten Klimabilanzierung sollen auch technologische Prozessverbesserungen umgesetzt werden. Bei den beteiligten Projektakteuren und im Team müssen Kompetenzen im Bereich Nachhaltiges Wirtschaften und digitale Tools aufgebaut werden.
Welche Synergiepotentiale wurden in den drei Phasen „Erstkontakt“, „Zusammenarbeit“ und „Abschluss“ diskutiert?

Handwerk
Pitch: Linda Gutt und Bruno Schmalen
(mehrWERT im BMAS-Programm „Wandel der Arbeit“)
Kontakt: mehrwert@hwk-psg.de
Standort: mehrWERT Büro Nord: START:PUNKT Vechta, Driverstraße 12a, 49377 Vechta
mehrWERT Büro Süd: Zedita/Digitalhub Nds. der Hochschule Weserbergland, Bahnhofsplatz 19 (1. OG im Bahnhof), 31785 Hameln
Projektlaufzeit: 01.11.2024 – 31.10.2027
Inhaltliche Schwerpunkte: Arbeitgeberattraktivität steigern, Fachkräfte sichern im ländlichen Raum
Branchen: branchenoffen
Projektbeschreibung: Das Projekt „mehrWERT – Fachkräfteempowerment für die Region“ stärkt kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen bei der Sicherung und Entwicklung von Fachkräften. Es unterstützt Betriebe durch individuelle Beratung, Workshops und Qualifizierungsangebote. Ziel ist es, Arbeitgeberattraktivität zu steigern und Führungskompetenzen auszubauen. Themen sind unter anderem Generationenwechsel, Personalentwicklung und Zukunftsstrategien. Gefördert wird das Projekt durch die EU und regionale Partner.
Fallgabe aus dem Bereich Elektrotechnik – Fokus auf Privathaushalt und öffentliche Hand (Krankenhaus-Sanierung)
Ausgangslage: Familiäre Fortführung des Unternehmens nach unerwartetem Todesfall
wichtige Handlungsfelder:
- Optimieren der Prozesse von Anfrage/Auftrag bis zur Fertigstellung
- Schaffen einer neuen Führungskultur – Von klassischen Meister hin zur Selbstverantwortung der Mitarbeitenden
- Mitarbeitende qualifizieren, um sie eigenständiger zu machen und stärker an das Unternehmen zu binden
Welche Synergiepotentiale wurden in den drei Phasen „Erstkontakt“, „Zusammenarbeit“ und „Abschluss“ diskutiert?
Neben der exemplarisch ausgearbeiteten Nutzerreise aus Gruppe 1 lieferten die weiteren Gruppen Impulse zu möglichen Kooperationsansätzen und diskutierten über gemeinsame Herausforderungen.
So hob beispielsweise ein Vertreter des Zukunftszentrums Berlin als Verbundpartner der HWK die Herausforderung hervor, insbesondere sehr kleine Betriebe (unter zehn Mitarbeitende) für Weiterbildungsmaßnahmen zu gewinnen. Hier wurde deutlich, dass Zeit- und Ressourcenmangel zentrale Hürden darstellen. Die Vertreter*innen des WdA-Projektes mehrWERT teilten mit, dass bestehenden Netzwerken – etwa über Wirtschaftsförderungen oder die Ausbildungsbetriebe der Handwerkskammern – eine zentrale Rolle beim Zugang zu Unternehmen innerhalb ihrer Arbeit zukäme. Zudem entstand in der Diskussion der Wunsch, Partizipation und Synergien zwischen den beiden BMAS-Programmen stärker zu nutzen: gemeinsame Informationsveranstaltungen, abgestimmte Beratungsangebote (z. B. durch sinnvolle Verweise) und das gemeinsame Auftreten im Rahmen bestehender Veranstaltungsformate wie Messen oder Innungstreffen wurden als wirkungsvolle Hebel identifiziert.
Alle Maßnahmen und Impulse sind im Profilabgleich unter dem Abschnitt „Synergiepotentiale“ noch einmal aufgegriffen und um weitere Ansätze ergänzt.
Dienstleistungen
Pitch: Sabine Stabbert-Kühl (HoGa Resilienz im BMAS-Programm „Wandel der Arbeit“)
Kontakt: hoga.resiliez@eso.de
Standort: Antoinettenstraße 37, 06844 Dessau-Roßlau
Projektlaufzeit: 01.04.2023 – 31.03.2026
Inhaltliche Schwerpunkte: Führungskompetenzen, Resilienz
Branchen: Hotel- und Gaststättenbranche
Projektbeschreibung: Das Projekt „HoGa-Resilienz“ zielt darauf ab, Fach- und Führungskräfte im Hotel- und Gaststättengewerbe durch maßgeschneiderte Weiterbildungsmodule und die Vermittlung von Basisqualifikationen in Bereichen wie Kommunikation, Gesundheitsmanagement und HoGa-spezifischen Themen zu stärken, indem es Resilienz-Coaches ausbildet und praxisnahe Handlungsleitfäden entwickelt, um die Beschäftigungsfähigkeit von rund 200 Mitarbeitenden zu sichern und zu verbessern.
Fallgabe aus dem Bereich Hotellerie- und Restaurantbetrieb
Ausgangslage: Das Gastgewerbe in Sachsen-Anhalt ist kleinteilig strukturiert und wurde durch Corona stark getroffen. Heute besteht ein hoher Bedarf an Fachkräften und neuen Service-Leistungen. Im Hotel erfolgt daher die Qualifizierung von Fach- und Führungskräften sowie eines Projektlotsen zur Stärkung von Resilienz und Qualifizierung. Ziel ist die Verbesserung der Servicequalität, Marktpräsenz und Wettbewerbsfähigkeit. Eine spezielle Whisky-Schulung erweitert das Serviceangebot.
Welche Synergiepotentiale wurden in den drei Phasen „Erstkontakt“, „Zusammenarbeit“ und „Abschluss“ diskutiert?
Die Vertreterin des Projektes „HoGa-Resilienz“ stellte einen Ansatz vor, bei dem Lots*innen als Mitarbeitende ihrer jeweiligen Hotelbetriebe individuell als Ansprechpersonen und Kümmerer für die Unternehmen agieren. Gleichzeitig erfolgt die Schulung und Befähigung dieser Lots*innen gemeinsam in unternehmensübergreifenden Workshop-Formaten, welche den Erfahrungsaustausch und die Qualitätsentwicklung fördern.
In der anschließenden Diskussion teilte eine Vertreterin aus dem RZ Nord ein Praxisbeispiel aus der vertieften Beratung eines Restaurantbetriebs. Das Unternehmen hatte Unterstützungsbedarf bei der digitalen Hygienedokumentation sowie bei der Arbeitszeiterfassung. Im Ergebnis wurden zwei digitale Tools implementiert. Synergien zu anderen BMAS-Programmen entstanden durch einen Verweis des beratenen Unternehmens an das Programm INQA-Coaching mit seiner agilen Vorgehensweise. Es zeigte sich nun ebenfalls eine gute Anschlussfähigkeit zur Arbeit des Projekts HoGa-Resilienz, für das die Teilnehmenden durch die Präsentation zugleich als weitere Verweisoption sensibilisiert werden konnten. Darüber hinaus wurden die strukturellen Unterschiede zwischen den Programmlinien hervorgehoben: Die Projekte im Rahmen von Wandel der Arbeit verfügen über eine größere konzeptionelle Freiheit und sind im Vergleich zu den Zukunftszentren weniger regional zugeschnitten.
Ein weiterer Impuls kam aus dem Zukunftszentrum Sachsen-Anhalt, das seine aktuellen Angebote im Bereich der Digitalisierung und Organisationsentwicklung hervorhob. Aktuell wird dort ein Programm zum digitalen Stressmanagement umgesetzt, gleichzeitig finden digitale Zwillinge Einsatz, die beispielsweise Sicherheitsschulungen in digitaler Form möglich werden lassen. Die Beispielgeberin aus „HoGa-Resilienz“ zeigte diesbezüglich großes Interesse und wünschte sich eine Kontaktaufnahme zum Projektpartner Hochschule Merseburg im Zukunftszentrum Sachsen-Anhalt, um mögliche Kooperations- und Austauschformate zu prüfen.
Soziale Dienstleistungen
Pitch: Wolfram Gießler (LeKoK – Lern- und Kompetenzarchitektur Krankenhaus im BMAS-Programm „Wandel der Arbeit“)
Kontakt: wolfram.giessler@ph-freiburg.de
Standort: Kunzenweg 21, 79117 Freiburg
Projektlaufzeit: 01.11.2023 – 31.10.2026
Inhaltliche Schwerpunkte: Digitalisierung, Geschäftsprozesse und -modelle
Branchen: Gesundheitswirtschaft
Projektbeschreibung: Das Projekt entwickelt ein Modell zur Förderung digitaler und multiprofessioneller Kompetenzen im Krankenhaus. Es zielt auf selbstgesteuertes Lernen und agile Arbeitsweisen ab, um die Transformation im Gesundheitswesen zu unterstützen. Change Agents (bzw. Projektlots*innen) werden ausgebildet, um diesen Wandel zu begleiten. Der Transfer des Modells in weitere Krankenhäuser wird mit Sozialpartnern organisiert, um die Versorgung partizipativ zu verbessern.
Fiktive Fallgabe aus einer stationären Pflegeeinrichtung
Ausgangslage:
Durch die neue gesetzliche Personalbemessung müssen Pflegeeinrichtungen die Arbeitsorganisation und Steuerung der Pflege für einen kompetenzorientierten und personenzentrierten Einsatz der unterschiedlichen Qualifikationsniveaus (Pflegefachperson, Pflegefachassistenzperson, Pflegehilfsperson) weiterentwickeln. Die Veränderung soll mit den Teams in einem partizipativen und iterativen Prozess gestaltet werden.
Teams sollen ihren Lern- und Veränderungsbedarf für eine kompetenzorientierte und personenzentrierte Steuerung der Pflege im Team ermitteln. Für den ermittelten Bedarf erhalten die Teams und ihre direkten Führungskräfte (z. B. Wohnbereichsleitung) Lern- und Begleitungsformate durch qualifizierte betriebliche Projektlots*innen, die von der Fortbildungsakademie unterstützt und begleitet werden. Hierdurch soll schrittweise eine betriebliche Lern- und Kompetenzarchitektur aufgebaut werden, mit der Einrichtungen ihre Organisations- und Personalentwicklung partizipativ gestalten können.
Welche Synergiepotentiale wurden in den drei Phasen „Erstkontakt“, „Zusammenarbeit“ und „Abschluss“ diskutiert?
In Gruppe 3 widmete sich die Diskussion einem fiktiven Praxisbeispiel, angelehnt an die Erfahrungen aus dem Projekt LeKoK.
Eine Vertreterin des Zukunftszentrums Berlin brachte hierzu ein vergleichbares Angebot aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich ein: Dort wurde ein digitales Tool entwickelt und eingeführt, das die Integration von Klientinnen und Klienten bzw. Patientinnen und Patienten in den Alltag unterstützt. Das Vorhaben umfasste eine Anforderungsanalyse, Prozessgestaltung und Qualifizierung der Beteiligten. Eine langfristige Verstetigung oder Implementierung über Wandel der Arbeit wurde als mögliche Option diskutiert, beispielsweise über die vorgestellten „Change Agents“. Ein Verweis an LeKoK nach Ende der Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen über das RZ wurde ebenfalls in Erwägung gezogen.
Eine gezielte Unterstützung von WdA-Projekten durch spezialisierte Angebote der Zukunftszentren – insbesondere zu Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitalisierung – wurde aus Sicht des Pitchgebenden als sinnvoll erachtet. Diese Bereiche könnten in seinem Projekt nicht immer in der erforderlichen Tiefe abgedeckt werden. In diesem Zusammenhang erfolgte ein Kontaktaustausch mit dem Zukunftszentrum Pulsnetz, um mögliche Kooperationen zu prüfen. Die Vertretung jenes Zukunftszentrums betonte, dass durch ihre regionale Verankerung und niedrigschwelligen Angebote die ZZ begünstigt Zugang zu Unternehmen herstellen können. Online-Trainings und grundlegende Qualifizierungsangebote würden dabei besonders gut angenommen, während der Übergang zur vertieften Beratung von KMU mitunter als ressourcenintensiv wahrgenommen werde.
Vor diesem Hintergrund wurde deutlich, dass Verweisstrukturen zwischen Zukunftszentren und WdA-Projekten einen Mehrwert bieten können: Die WdA-Programme sind längerfristig und finanziell stabiler angelegt, während die Zukunftszentren mit niedrigschwelligen Zugängen punkten. Beide Programme ergänzten sich damit in ihrer Reichweite und Tiefe.
Abschließend wurde die Idee formuliert, Erkenntnisse aus längerfristig angelegten WdA-Projekten über die Zukunftszentren in die Breite zu tragen, um nachhaltige Wirkung zu erzielen. Zudem äußerten der Vertreter von LeKoK und weitere Teilnehmende den Wunsch, im Bereich soziale Dienstleistungen und Pflege künftig ein stärkeres Netzwerk aufzubauen. Während andere Branchen – etwa die Automobilindustrie – über ausgeprägte Strukturen verfügen, besteht in diesem Sektor Nachholbedarf. Eine engere Kooperation zwischen Zukunftszentren und WdA-Projekten wurde daher als gemeinsames Ziel benannt, um den Herausforderungen von Fachkräftemangel und Digitalisierung künftig stärker gemeinsam zu begegnen.