Wissenspool-Beitrag

Die Transformation vom traditionellen Geschäftsmodell zum Geschäftsmodell mit Datenorientierung

28.11.2022
Lesezeit: ca. 7 min

Im Zuge der digitalen Transformation begannen Unternehmen, Abläufe und Prozesse in den Wertschöpfungsketten, ihre Angebote sowie die Unternehmensstrukturen an die Gegebenheiten der technologischen Entwicklungen sowie der entstehenden digitalen Ökonomie anzupassen. Durch diese Digitalisierung wurden traditionelle Geschäftsmodelle, die auf ein physisches Produkt oder eine Dienstleistung bezogen sind, zwar zweifelsohne effizienter, aber nicht im eigentlichen Sinne digital. Digitale Geschäftsmodelle werden erst als solche bezeichnet, wenn das Kernwesen der zugrunde liegenden Geschäftsprozesse durch digitale Technologien unterstützt wird sowie die wertschöpfenden Aktivitäten auf digitalen Technologien basieren (Pflaum & Schulz 2019). Da die digitale Transformation ein fortlaufender Prozess ist, müssen sich folglich auch digitale Geschäftsmodelle fortwährend entwickeln, um einer Weiterentwicklung der digitalen Technologien oder sich ändernden Kundenerwartungen gerecht zu werden.

Das bedeutet aber auch, dass eine bloße Erweiterung eines bereits bestehenden – analogen – Geschäftsmodells um digitale Komponenten (beispielsweise Ergänzung um einen Online-Shop im stationären Handel) zwar eine Vorstufe darstellen kann, strenggenommen aber kein eigenständiges digitales Geschäftsmodell ist. Denn erst wenn sämtliche oder zumindest die Mehrzahl der wertschöpfenden Aktivitäten auf digitalen Technologien basieren, können Geschäftsmodelle als digital bezeichnet werden (Appelfeller & Feldmann 2018). Fritsch und Krotova (2020a) verweisen außerdem darauf, dass dem Wertangebot und den Aktivitäten der Wertschöpfung eine zentrale Bedeutung zukommt.

Aus den digitalen Geschäftsmodellen entwickeln sich datenorientierte bzw. datengetriebene Geschäftsmodelle (Fritsch & Krotova 2020a), welche die „Ressource“ Daten in den Mittelpunkt ihrer Geschäftstätigkeit rücken und diese gewinnbringend einzusetzen versuchen. Analog zum digitalen Geschäftsmodell wird auch hier der Schwerpunkt auf das angebotene Gut und dessen Her- und Bereitstellung gelegt, wobei wissenschaftliche Analysen sich aufgrund einer komplexeren Quantifizierbarkeit von Wertschöpfungsprozessen weitestgehend auf das Wertangebot konzentrieren (Fritsch & Krotova 2020b).

Vor diesem Hintergrund legt diese Erörterung bewusst den Fokus auf eine Geschäftsmodellanalyse, die eine konsequente Integration und Nutzung von Daten bei allen Elementen eines Geschäftsmodells beachtet, die aber das angebotene Gut als solches nicht in die weitere Betrachtung einbezieht. Damit wird der Erkenntnis Rechnung getragen, dass der Veränderungsprozess der digitalen Transformation über eine reine Digitalisierung von operativen Prozessen hinausgeht und auch auf die taktische und strategische Ebene einwirkt. Daraus entwickelt sich eine datenorientierte bzw. datenintegrierende Sichtweise im Unternehmen, die die Ressource Daten mit all ihren Potenzialen sinnvoll einsetzt (siehe Abbildung).

Arten_von_Geschaeftsmodellen
Zielstellung_der_Nutzung_von_Sensordaten

Beispiel: Zielstellung der Nutzung von Sensordaten in der Produktion oder Logistik

Beispielsweise (siehe Abbildung 2) können Sensoren (als Datenquellen) in der Logistik oder Produktion eingesetzt werden, um den Standort von Werkzeugen, Förderern oder Produkten aufzuzeigen (Deskriptiv). Dazu sind die Sensoren mit einem Wireless Sensor Network zu verknüpfen und die generierten Daten für ein Tracking an einer zentralen Stelle zu hinterlegen. Die Daten sind nachfolgend zu bearbeiten und als Ergebnis dem*der Nutzer*in zur Verfügung zu stellen (Diagnostisch). Im Optimalfall ist die Datenverarbeitung automatisiert. Durch die Nutzung der Sensordaten gelingt im Ergebnis ein Echtzeit- Tracking des gesamten Materialflusses, womit Durchlaufzeiten oder Störungen prognostiziert werden (Prädiktiv). In einem weiteren Schritt können Prognosen eingesetzt werden, um mittels Simulationsverfahren Entscheidungen zur Verbesserung des Liefermanagements abzuleiten (Präskriptiv). (vgl. Namuduri et al. 2020)

Literaturübersicht

Referenzen

Appelfeller, W.; Feldmann, C. (2018): Die digitale Transformation des Unternehmens.  Systematischer Leitfaden mit zehn Elementen zur Strukturierung und Reifegradmessung. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

Fritsch, M.; Krotova, A. (2020a): Der Weg zu datengetriebenen Geschäftsmodellen – Eine modellbasierte Analyse. DEMAND-Gutachten, Köln.

Fritsch, M.; Krotova, A. (2020b): Wie datengetrieben sind Geschäftsmodelle in Deutschland? Analyse des Status quo. IW-Report 09/2020.

Namuduri, S.; Narayanan, B.; Davuluru, V.; Burton, L.; Bhansali, S. (2020): Review – Deep Learning Methods for Sensor Based Predictive Maintenance and Future Perspectives for Electrochemical Sensors. Journal of The Electrochemical Society 167 (3).

Pflaum, A.; Schulz, E. (2019): Auf dem Weg zum digitalen Geschäftsmodell: „Tour de Force“ von der Vision des digitalisierten Unternehmens zum disruptiven Potenzial digitaler Plattformen. In: Meinhardt, S.; Pflaum, A. (Hg.), Digitale Geschäftsmodelle – Band 1. Springer Verlag.