Wissenspool-Beitrag

Konstruktlandschaft Digitalisierung der Arbeit

14.12.2022
Lesezeit: ca. 9 min

Die Analyse wurde 2022 von Maria Hällfritzsch geplant und durchgeführt.

Thema der Analyse

Das Ziel dieses Berichts ist es zu beschreiben, wie verschiedene Konstrukte im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) miteinander verbunden sind. Dafür wurden mehrere Messinstrumente angewendet, die das Nutzungsverhalten von Arbeitnehmenden und ihren Unternehmen sowie positive und negative Effekte der Nutzung von IKT und sowohl förderliche als auch hinderliche Faktoren für die Benutzung von IKT messen. Außerdem wurden die Teilnehmenden gefragt, welche Anwendungsbereiche der IKT sie sich für Ihr eigenes Unternehmen wünschen würden.

Durchführung der Datenerhebung

Für diese Analyse wurden zwei Messzeitpunkte mit einem Abstand von vier Wochen angesetzt. Befragt wurden Personen, die mindestens 20h/Woche arbeiten und in irgendeiner Form IKT am Arbeitsplatz verwenden. Zum ersten Messzeitpunkt Mitte/Ende Oktober wurden 1.319 gültige Antworten dokumentiert und insgesamt 996 Personen nahmen an beiden Befragungen teil (76% Rücklaufquote).

Stichprobenbeschreibung

Die Teilnehmenden, die an beiden Messzeitpunkten teilnahmen, waren im Durschnitt 45 Jahre alt. Knapp 49% gaben an, männlich zu sein. Der meist genannte höchste erreichte Bildungsabschluss war der Hochschulabschluss (44%), gefolgt von der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife (21%) und einer Ausbildung oder Lehre (18%; siehe Diagramm 1). Das monatliche durchschnittliche persönliche Nettoeinkommen betrug 3.200€ und das Haushaltseinkommen 4.250€. Von ihnen arbeiteten 89% in Vollzeit und 11% in Teilzeit. Die meisten belegten eine mittlere Position in Ihrem Unternehmen (siehe Diagramm 2), wobei 40% Führungsverantwortung trugen. Insgesamt sind in dieser Stichprobe mehr Teilnehmende mit Hochschulabschluss und Führungsverantwortung vertreten als in unseren anderen Analysen. Außerdem ist das durchschnittliche Einkommen deutlich höher als in anderen Stichproben. Diese Unterschiede zu anderen Stichproben haben ihren Ursprung wahrscheinlich darin, dass hier nur Teilnehmende, die mindestens 20h/Woche arbeiten und an Ihrem Arbeitsplatz IKT verwenden, vertreten sind. Die Branchenverteilung entnehmen Sie bitte Diagramm 3.

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Diagramm 1: Höchster erreichter Bildungsabschluss. Grafik: ZdA/Universität Leipzig, Arbeits-und Organisationspsychologie

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Diagramm 2: Position im Unternehmen. Grafik: ZdA/Universität Leipzig, Arbeits-und Organisationspsychologie

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Diagramm 3: Branchenverteilung. Grafik: ZdA/Universität Leipzig, Arbeits-und Organisationspsychologie

Beziehungen zwischen verschiedenen IKT-Konstrukten

Mithilfe einer Korrelationstabelle wurde untersucht, welche Konstrukte wie zusammenhängen. Hier fällt auf, dass Konstrukte, die eher negativ oder herausfordernd wirken, stark miteinander korrelieren. Hierzu gehören IKT-Anforderungen, Überlastung, „Technostress“-Erzeuger, negative Konsequenzen von IKT-Nutzung sowie Sorgen und Ängste bezüglich IKT. Eine Beschreibung dieser und anderer Konstrukte entnehmen Sie bitte Tabelle 1. Das Muster der Korrelationen ergibt Sinn, da man davon ausgehen kann, dass hohe IKT-Anforderungen und „Technostress“-Erzeuger zu Überlastung führen. Eine Überlastung sowie Sorgen und Zukunftsängste bezüglich IKT machen außerdem eine Erwartung von negativen Konsequenzen plausibel.
Konstrukte, die eher positiv oder unterstützend wirken, zeigen eine weniger starke Gruppierung von Korrelationen. Allerdings hängen beispielsweise sowohl Expertise im IKT-Bereich als auch IKT-Unterstützung im Unternehmen moderat positiv mit der Nutzung von IKT und der Leistungssteigerung durch IKT zusammen.
Diese Zusammenhänge der Daten zum ersten Messzeitpunkt sind auch in den Daten des zweiten Messzeitpunkts zu erkennen. Somit scheinen die Beziehungen zwischen den Konstrukten konstant zu sein.

Tabelle 1: IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien)-Konstrukte

Konstruktlandschaft-Digitalisierung-der-Arbeit-01

(1) Anmerkungen.
M1 = Durschnitt zum ersten Messzeitpunkt. M2 = Durchschnitt zum zweiten Messzeitpunkt. Standardabweichungen sind in Klammern angegeben. α = Cronbach’s alpha (Reliabilität). Bis auf technology anxiety (1-7) und ICT-expertise (1-11) wurden alle Fragen auf einer Skala von 1-5 beantwortet.

Gewünschte Anwendungsgebiete

Hier hatten Teilnehmende die Möglichkeit, aus zehn Anwendungsgebieten drei auszuwählen, für die ihr Unternehmen ihrer Meinung nach IKT verstärkt einsetzen sollte. Die fünf Anwendungsgebiete mit den meisten Stimmen waren (1) die Verbesserung interner Prozesse, (2) die Möglichkeit, von überall auf Daten zugreifen zu können, (3) die Effizienzsteigerung im Unternehmen, (4) die Kostensenkung im Unternehmen, und (5) die Kundenbindung zu erhöhen. Diese Ergebnisse wurden auch auf regionale Unterschiede untersucht (siehe Diagramm 4). Hier wurde deutlich, dass in Berlin mehr Teilnehmende auf die erhöhte Kundenbindung Wert legen als in den alten oder neuen Bundesländern. Außerdem sahen in den alten Bundesländern mehr Menschen Bedarf beim verbessern interner Prozesse als in den neuen Bundesländern und Berlin. Letztlich hielten Befragte der neuen Bundesländer die Möglichkeit, von überall auf Daten zugreifen zu können für ausbaufähiger als Teilnehmende au den alten Bundesländern und Berlin.

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Diagramm 4: Regionale Unterschiede gewünschte Anwendungsgebiete. Grafik: ZdA/Universität Leipzig, Arbeits-und Organisationspsychologie

Fazit

Unternehmen sollten sich dafür einsetzen, dass IKT-Anforderungen sowie Überlastung durch IKT wegen beispielsweise hoher Komplexität der zu benutzenden Systeme und andauernde Erreichbarkeit sowie Überwachung nicht zu groß werden. Hier können Unternehmen darauf achten, ihren Mitarbeitenden genügend Unterstützung bei der Benutzung von IKT und bei der Weiterbildung ihrer IKT-Fähigkeiten zu bieten. Außerdem waren den befragten Arbeitnehmenden in unsere Analyse besonders der Zugriff auf Daten von überall sowie die Verbesserung interner Prozesse und die Effizienzsteigerung im Unternehmen wichtige Anliegen in Bezug auf zukünftige Nutzung von IKT in ihrem Unternehmen.

Autor
Maria Hällfritzsch

Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie

Universität Leipzig
Arbeits- und Organisationspsychologie
Neumarkt 9-19
04109 Leipzig