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Wissenspool-Beitrag

Arbeitsanforderungen im technologischen Wandel

01.07.2024
Lesezeit: ca. 12 min
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  • Der technologische Wandel kann zu Veränderungen der Arbeitsanforderungen führen, die verschiedene Beschäftigtengruppen unterschiedlich stark betreffen.
  • Das Arbeitsweltportal veranschaulicht diese Entwicklungen und Unterschiede anhand ausgewählter Kennzahlen, die Sie auch unter Daten kompakt finden.
  • Es zeigt sich über nahezu alle Beschäftigtengruppen hinweg, dass gestiegene fachliche Anforderungen, eine hohe Arbeitsintensität, häufige monotone Tätigkeiten oder Störungen bei der Arbeit leicht rückläufig sind, während Multitasking etwas zugenommen hat.

Fast 80 Prozent der abhängig Beschäftigten gaben in einer Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Jahr 2018 an, dass in den letzten zwei Jahren Veränderungen in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld stattgefunden haben. Darunter waren zum Beispiel Restrukturierungen, Reorganisationen oder auch die Einführung neuer und digitaler Technologien. Veränderungs- und Transformationsprozesse am Arbeitsplatz prägen die Arbeitswelt (mehr hierzu in unserer Begleitforschung zum Thema), und der technologische Fortschritt hat Auswirkungen auf die Arbeitsanforderungen, mit denen Beschäftigte täglich konfrontiert sind. Doch wie haben sich Arbeitsanforderungen im technologischen Wandel verändert und wie unterscheiden sie sich zwischen den verschiedenen Beschäftigtengruppen?

Informationen zur Datengrundlage

Das Arbeitsweltportal bildet ausgewählte Arbeitsanforderungen, die im Zusammenhang mit dem technologischen Wandel stehen können, anhand unterschiedlicher Kennzahlen ab. Die Daten basieren auf den Angaben abhängig Beschäftigter in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung der Jahre 2006, 2012 und 2018. Somit beziehen sie sich auf eine Phase des bereits fortgeschrittenen technologischen Wandels. Hierbei gilt es zu beachten, dass nicht wiederholt die gleichen, sondern jeweils unterschiedliche Personen im Zeitverlauf befragt werden (vgl. z.B. Rohrbach-Schmidt/ Hall 2020). Deswegen können die Befragungsergebnisse der einzelnen Jahre nicht direkt miteinander verglichen werden. Die Befragten der einzelnen Erhebungsjahre bilden jedoch als Gruppe die Erwerbstätigen in Deutschland in ihren verschiedenen Merkmalen weitestgehend ab. Die Entwicklung zwischen den Befragungszeitpunkten kann deshalb als übergreifender Trend für die Erwerbstätigen interpretiert werden.

Entwicklung der fachlichen Anforderungen – Geringqualifizierte Tätigkeiten sind oftmals mit subjektiv gleichbleibenden oder sinkenden fachlichen Anforderungen verbunden

Technologische Neuerungen am Arbeitsplatz fordern häufig neue Kompetenzen der Beschäftigten, können aber beispielsweise durch assistierende Augmented-Reality-Lösungen auch den Anspruch an Fachkompetenzen reduzieren. So gaben immerhin 15 Prozent aller befragten Beschäftigten im Linked Personnel Panel (LPP; ein Linked-Employer-Employee-Datensatz aus dem Datenangebot des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) im Jahr 2015 an, dass die technologischen Neuerungen ihnen geringere Kompetenzen und Fähigkeiten abverlangen. Dies zeigt sich vor allem bei Beschäftigten mit geringerem Ausbildungsniveau (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2016).

In der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung werden die Beschäftigten nach der Entwicklung ihrer fachlichen Anforderungen im Allgemeinen gefragt. Hier zeigt sich, dass der Anteil der abhängig Beschäftigten, die angaben, dass ihre fachlichen Anforderungen für ihre Tätigkeiten in den letzten zwei Jahren zugenommen haben, seit 2006 langsam, aber stetig geringer geworden sind. Gleichwohl gaben 2018 immer noch knapp 44 Prozent an, dass die fachlichen Anforderungen gestiegen sind.

Deutliche Unterschiede zeigen sich bei Tätigkeiten, für die keine berufliche Ausbildung notwendig ist: der Anteil der abhängig Beschäftigten, die angegeben haben, dass ihre fachlichen Anforderungen gestiegen sind, war in allen dargestellten Jahren besonders gering. Im Jahr 2018 betraf dies beispielsweise nur noch 28,4 Prozent der Befragten, während in Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss notwendig ist, etwa die Hälfte der abhängig Beschäftigten von gestiegenen fachlichen Anforderungen berichtete.

Monotonie bei der Arbeit – sie steht in Zusammenhang mit der Art der eingeführten Technologien

Analysen auf Basis der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006, 2012 und 2018 von Meyer, Tisch und Hünefeld (2019) zeigen einen Zusammenhang zwischen der Art neu eingeführter Technologien und Monotonie bei der Arbeit: Während die Einführung neuer Computerprogramme mit weniger Monotonie bei der Arbeit verbunden ist, steht die Einführung neuer Fertigung- oder Verfahrenstechnologien mit mehr Monotonie in Zusammenhang.

Doch wie häufig sind abhängig Beschäftigte in einer heutzutage durch den technologischen Wandel geprägten Arbeitswelt mit monotonen Arbeitsabläufen konfrontiert? Der Anteil aller abhängig Beschäftigten, bei denen sich häufig alle Einzelheiten von Arbeitsgängen wiederholen, ist zwar im Zeitverlauf gesunken. 2018 war dies aber immerhin noch bei 46,7 Prozent der Fall, während knapp 31 Prozent nur selten oder nie davon betroffen waren.

Das Ausmaß der Monotonie bei der Arbeit ist in Tätigkeiten, für die keine berufliche Ausbildung erforderlich ist, besonders hoch. Im Jahr 2018 gaben innerhalb dieser Gruppe über 80 Prozent an, dass sich häufig oder zumindest manchmal alle Einzelheiten der jeweiligen Arbeitsgänge bei ihrer Tätigkeit wiederholen. Bei abhängig Beschäftigten in Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss notwendig ist, waren es lediglich 44 Prozent.

Arbeitsintensität – der wahrgenommene Termin- und Leistungsdruck liegt weiterhin auf hohem Niveau

Die Einführung neuer Technologien steht auch in Zusammenhang mit einer höheren Arbeitsintensität, und zwar unabhängig davon, ob es sich um neue Computerprogramme oder neue Fertigungs- oder Verfahrenstechnologien handelt (Meyer, Tisch und Hünefeld 2019).

Der Anteil der abhängig Beschäftigten, die im Allgemeinen von einer hohen Arbeitsintensität berichteten, ist im Zeitverlauf zwar rückläufig, aber immer noch hoch. So lag der Anteil der abhängig Beschäftigten, die angaben, häufig unter starkem Termin- und Leistungsdruck arbeiten zu müssen, im Jahr 2006 bei etwa 53 Prozent. 2018 lag der Anteil bei 47,7 Prozent.

Nur knapp 9 Prozent der abhängig Beschäftigten in Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss notwendig ist, waren selten oder nie davon betroffen. Im Vergleich hierzu gaben 32,5 Prozent der abhängig Beschäftigten in Tätigkeiten, für die keine berufliche Ausbildung notwendig ist, eine solch geringe Arbeitsintensität an.

Multitasking – eine Arbeitsanforderung mit steigender Relevanz für alle Beschäftigtengruppen

Technologische Neuerungen stehen in direktem Zusammenhang mit vermehrtem Multitasking. So gaben 65 Prozent aller befragten Beschäftigten im Linked Personnel Panel (LPP) im Jahr 2015 an, dass technologische Neuerungen dazu führen, dass immer mehr Tätigkeiten gleichzeitig erledigt werden müssen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2016).

Knapp über 60 Prozent der abhängig Beschäftigten in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung berichteten im Jahr 2018, häufig verschiedenen Vorgängen zeitgleich Beachtung schenken zu müssen. 2006 waren es 58,8 Prozent.

Mit Blick auf die erforderliche Qualifikation fällt auf, dass Multitasking nicht nur in höherqualifizierten Tätigkeiten eine große Rolle spielt, wenn auch hier der Anteil besonders hoch ist. So stellte für knapp 74 Prozent der befragten Beschäftigten der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung in Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss nötig ist, Multitasking im Jahr 2018 eine häufige Arbeitsanforderung dar. In Tätigkeiten, für die eine abgeschlossene Berufsausbildung notwendig ist, betraf dies knapp 60 Prozent, und in Tätigkeiten ohne erforderliche Ausbildung immerhin noch knapp 43 Prozent der abhängig Beschäftigten.

Störungen bei der Arbeit – wenig Veränderung im Zeitverlauf

Durch den technologischen Wandel und die damit einhergehende Digitalisierung des Arbeitsplatzes sind zusätzlich zu Störungen durch Vorgesetzte oder Kolleginnen und Kollegen auch elektronische Unterbrechungen der eigenen Tätigkeit möglich, beispielsweise durch E-Mails, Push-Nachrichten oder Anrufe (Gerdenitsch und Korunka 2019). Doch wie viele Beschäftigte sind im Allgemeinen von Störungen bei der Arbeit in einer fortgeschrittenen Phase des technologischen Fortschritts betroffen?

Der Anteil der abhängig Beschäftigten, die bei der Arbeit häufig gestört oder unterbrochen werden, lag im Jahr 2006 bei etwa 47 Prozent, im Jahr 2012 bei knapp 44 Prozent und im Jahr 2018 wieder höher bei etwa 46 Prozent.

Ein ähnliches Muster zeigt sich auch im Zeitverlauf bei der Betrachtung der erforderlichen Qualifikationen. In Tätigkeiten ohne erforderliche Ausbildung liegt der Wert mit 31,8 Prozent im Jahr 2018 auf dem nahezu selben Niveau wie im Jahr 2006 (31,4 Prozent). Die Unterschiede hinsichtlich häufiger Störungen bei der Arbeit zwischen Tätigkeiten, für die eine Ausbildung notwendig ist und Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss erforderlich ist, waren 2006 bereits vergleichsweise gering (50,5 bzw. 53,4 Prozent), im Jahr 2018 haben sie sich nahezu angeglichen (49 bzw. 49,7 Prozent).

Technologie und Arbeitsanforderungen bleiben im Wandel

Seit 2018 ist der technologische Wandel weiter vorangeschritten und diverse weitere technologische Entwicklungen prägen – insbesondere seit der Corona-Pandemie – die Arbeitswelt.

Projekt Arbeitsweltberichterstattung in Deutschland des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, 2020-2024.