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Durchführung von KI-Projekten – Eine Orientierung

25.12.2022
Lesezeit: ca. 10 min
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Durchführung von KI-Projekten

Der Stellenwert der KI

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Die Welt und unser Leben werden zunehmend geprägt von KI-Anwendungen. Mittlerweile nutzen wir teilautonome Verkehrsmittel, kommunizieren mit Maschinen und Anlagen menschenähnlich und werden durch KI-Analysen in unserem Alltag unterstützt. Überall dort, wo große Datenmengen auftauchen, können Anwendungen der KI die Potentiale, die in diesen Daten liegen, nutzbar machen. Insbesondere in der Industrie lassen sich so neue Projekte realisieren, die noch vor einigen Jahren nicht umsetzbar waren. Hier sind zum Beispiel die KI-gestützte optische Qualitätskontrolle, das Ableiten von Mustern und Einflüssen in Daten oder das Klassifizieren und Erkennen von Video-, Text- oder Audiodateien zu erwähnen.

Den zunehmenden Einfluss und Stellenwert in und für unsere Gesellschaft verdeutlicht zudem die KI-Strategie der Bundesregierung. Diese soll den „exzellenten Forschungsstandort Deutschland sichern, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ausbauen und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von KI in allen Bereichen der Gesellschaft im Sinne eines spürbaren gesellschaftlichen Fortschritts und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger fördern“1.

KI-Projekte durchführen

Ebenso wie andere Software-Projekte benötigen KI-Projekte zum Gelingen ein strukturiertes Vorgehen und somit eine Strategie. Je nach Anwendungsfall und Situation kann sich das Vorgehen bei der Einführung einer KI-basierten Lösung jedoch unterscheiden. Dies führt dazu, dass bisher schlechterdings eine KI-Einführungsmethodik als Standard angesehen werden kann.  Nichtsdestotrotz können übergeordnete Projektphasen unterschieden werden.

Abbildung 1 verdeutlicht diese Phasen. Hier ist zu erwähnen, dass der gezeigte Ablauf eine erste allgemeine Orientierung geben soll und von den genutzten Personen individualisiert und spezifiziert werden muss.

1. Informieren

Zunächst müssen Sie sich mit den Einsatzmöglichkeiten der KI vertraut machen. Bauen Sie ein grundlegendes Verständnis von Daten, Algorithmen und potentiellen Use-Cases auf, um Chancen in Ihrem Unternehmen erkennen zu können.

2. Anwendungsfall identifizieren und Projektverantwortlichkeit festlegen

Nach der Informationsphase müssen die gewonnenen Erkenntnisse, Ideen und erkannten Chancen auf Ihr Unternehmen übertragen werden. Insbesondere Anwendungsfälle mit klar definierten Prozessen bzw. Abläufen, in denen Daten in geeigneter Quantität und in guter Qualität vorliegen, eignen sich als Einstieg in die Umsetzung von KI-Projekten. Strategische Methoden, wie beispielsweise die SWOT-Analyse, helfen Ihnen, die Übertragbarkeit von KI-Projekten auf Ihr Unternehmen sicherzustellen.

Ziel dieser strategischen Phase ist es, erste Rahmenbedingungen für das Projekt festzulegen. So können Sie bereits die Art, den Umfang sowie die Problemstellung und Motivation hinter dem Projekt definieren. Bestandteil dieser Phase kann zum Beispiel eine Meilensteinplanung und ein Gantt-Chart sein.

Weiterhin sollten Sie bereits zu Beginn des Projektes die projektverantwortliche Person benennen. Ein KI-Projekt bietet dabei die Chance, geeignete und interessierte Mitarbeitende weiterzuentwickeln sowie ihnen Verantwortung zu übertragen. So können Sie interne Kompetenzen aufbauen und Mitarbeitende langfristig an sich binden.

3. Team, Ziele und Planung festlegen

In der dritten Phase folgt die Festlegung des Projektteams. Zusammen mit der projektverantwortlichen Person wird das Projektteam bestimmt. Grundlegend sollte ein Kernteam in Verbindung mit Fachexperten und ggf. externen Unterstützer:innen das Projekt durchführen. Je nach Art und Größe des Projektes kann sich die Zusammensetzung des Teams unterscheiden.

Gemeinsam mit dem Team sollte bereits in der dritten Phase das Ziel des Projektes festgelegt und kommuniziert werden. Es empfiehlt sich, das Projektziel anhand des SMART-Schemas zu definieren. Das Schema gibt an, dass ein Ziel spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein sollte, um erreichbar und überprüfbar zu sein2. Um Risiken und Problemen vorzubeugen, kann auch die Erwartungshaltung der einzelnen Stakeholder vor Projektbeginn abgefragt werden.

Weiterhin sollten die Rahmenbedingungen festgelegt werden. Diese umfassen u.a. Budget-, Zeit- und Meilensteinplanung.

Abschließend sollte das Projekt in dieser Phase unternehmensweit kommuniziert und die Belegschaft mitgenommen werden.

4. Lastenheft und Make-Or-Buy-Entscheidung

Um mit dem Lastenheft zu beginnen, sollte zunächst der Ist-Zustand aufgenommen und die derzeitigen Prozesse identifiziert werden. Beim Ist-Zustand kann zudem die Software- und Hardwarelandschaft analysiert werden, die beim KI-Vorhaben eine Rolle spielen kann.

Das Lastenheft umfasst die Rahmenbedingungen des Projektes, den Ist-Zustand, die notwendigen technischen Anforderungen an die Lösung (z.B. technische Rahmenbedingungen, Wartungen, Mitarbeitende, Dokumentation, Schnittstellen), das Ziel der KI-Anwendung, die Beschreibung des Soll-Zustands und Erwartungen („must haves“ und „nice to have“).

Eine der wichtigsten Entscheidungen im Rahmen eines KI-Projektes betrifft die Make-Or-Buy Entscheidung. Kann die KI-Lösung intern entwickelt werden (Make) oder sollte die KI-Lösung gekauft werden (Buy). Entscheidungsfaktoren können zum Beispiel die Kompetenzen der Mitarbeiter:innen, die Komplexität der Aufgabe oder das Projektbudget sein.

5. Vorbereitungsphase

In dieser Phase gilt das Motto: Always Be Collecting Data (abgekürzt ABCD). Dies bedeutet, dass Sie zunächst so viele Daten wie möglich sammeln, um dem KI-Modell eine geeignete Datengrundlage zu verschaffen. Dies kann zum Beispiel über Sensoren, Aktoren oder über andere Aufnahmequellen geschehen.

Insbesondere wenn der Anwendungsfall oder die Datenauswahl nicht einfach ist, gilt: Je mehr Daten, desto besser.

6. Entwicklung und Implementierung

Ziel dieser Phase ist die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung der KI-Anwendung. Je nach Entscheidung zur Eigen- oder Fremdentwicklung gliedert sich diese Phase noch in die Erstellung und Auswertung bzw. Validierung des KI-Modells.

7. Evaluation und Betrieb

Der letzte Schritt umfasst die Evaluation des gesamten Projektes und des produktiven Einsatzes der KI-Anwendung. Aufgrund der Trainierbarkeit des KI-Modells, sollten Sie das KI-Modell in regelmäßigen Intervallen mit neuen Daten trainieren, um dieses weiter zu optimieren. Auch kann eine veränderte Anwendungsumgebung dazu führen, dass sich Eingabeparameter ändern, mit der Folge, dass die KI-Anwendung eventuell nicht mehr optimal arbeiten kann.

Quellenverzeichnis

1. Bundesregierung (2018) Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung. Stand: November 2018. Zugegriffen: 15. Dez. 2021 

2. https://projekte-leicht-gemacht.de/blog/methoden/projektziele/die-smart-formel/

Autor
Manuel A. Heid

Dieser Beitrag wurde von Manuel A. Heid verfasst. Er ist Researcher am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und hat sich im Projekt Mittelstand-Digitalzentrum mit der Einführung KI-basierter Lösungen in Unternehmen beschäftigt sowie KMU auf dem Weg zum Einsatz dieser Lösungen im Bereich der optischen Qualitätskontrolle unterstützt.

Manuel A. Heid