I-Deals

Individuelle Absprachen zu Arbeitsinhalten und Arbeitsausführung

I-Deals (im Englischen „idiosyncratic deals“) bezeichnen Vereinbarungen zur Arbeitsweise und zu Arbeitsergebnissen, die Arbeitnehmer*innen individuell mit Vorgesetzten oder Arbeitgeber*innen aushandeln (Rousseau, 2001, 2015). I-deals bieten für Beschäftigte Möglichkeiten, die Arbeit entwicklungsförderlicher und flexibler zu gestalten. Für Unternehmen bieten I-deals Wege, ohne finanziellen Mitteleinsatz Fachkräfte zu halten oder für das Unternehmen zu interessieren. 

Im Folgenden wird erläutert, warum diese individuellen Abmachungen sehr vorteilhaft für die beteiligten Parteien sein können, aber auch Gefahren bergen. Forschungsbasierte Handlungsempfehlungen für den Inhalt, den idealen Zeitpunkt und die Besonderheiten für ältere Angestellte werden präsentiert.

Charakteristika im Detail

I-Deals zeichnen sich durch 4 Charakteristika aus (Rousseau et al., 2006):

  1. Individuell ausgehandelt: Ein*e Arbeitnehmer*in trifft mit direkten Vorgesetzten oder dem/der Arbeitgeber*in eine individualisierte Vereinbarung, die sich von Vereinbarungen der Kolleginnen und Kollegen unterscheidet. Solche Aushandlungen von Vereinbarungen können von Arbeitnehmenden- als auch von Arbeitgebendenseite angestoßen werden. Die individuellen Bedingungen richten sich z.T. nach dem Wert für das Unternehmen (als sehr wichtig eingeschätzte Arbeitskräfte sind tendenziell in einer besseren Verhandlungsposition).
  2. Heterogene Bedingungen: Die speziell für das Individuum geschaffenen Bedingungen unterscheiden sich von denen anderer Personen in ähnlichen Positionen oder Personen in der eigenen Arbeitsgruppe („Binnengruppen-Heterogenität“). Die Heterogenität löst verschiedene Dynamiken in Arbeitsgruppen aus – sie kann sowohl Anreiz für andere sein, aber auch zu Ungleichheit und wahrgenommener Ungerechtigkeit führen.
  3. Beide Seiten profitieren: I-Deals berücksichtigen die Interessen von individuellen Beschäftigten und Arbeitgeber*innen, sodass beispielsweise ein Unternehmen vom Erhalt einer wichtigen Arbeitskraft profitiert, aber dafür auch von Beschäftigten gewünschte Ressourcen bereitstellt.
  4. Variation in der Reichweite: Ein I-Deal reicht von einer kleinen besonderen Abweichung in einer ansonsten standardisierten Arbeitsvereinbarung hin zu einer vollständig individualisierten Arbeitsvereinbarung

Vier Charakteristika von I-Deals:

  • Individuell ausgehandelt

  • Unterschiede zu anderen Beschäftigten

  • Beide Seiten profitieren

  • Variation in der Reichweite

Warum sollte man I-Deals abschließen?

Inhalte und Ziele von I-deals

I-Deals können genutzt werden, um arbeitsbezogene Wahrnehmung, Einstellung und Verhaltensweisen positiv zu beeinflussen (für eine Übersicht s. Liao et al., 2016). Grundsätzlich kann jeder Aspekt der Beschäftigung mit einem I-Deal thematisiert werden. Die folgende Einteilung in 3 Inhalte von I-deals dient der Orientierung:

I-Deals für Flexibilität (Vereinbarungen, die den Arbeitszeitplan und Arbeitsort individualisieren) können die Arbeitszufriedenheit, Verbundenheit zum Unternehmen und Motivation zur Weiterarbeit nach Erreichen des Ruhestandsalters fördern, außerdem können sie Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben verringern.

I-Deals für Entwicklung (d.h., besondere Möglichkeiten, um Fertigkeiten und Fähigkeiten zu erlernen oder zu verbessern) fördern die Verbundenheit zum Unternehmen, die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement. Zudem senken sie die Kündigungsabsichten. Allerdings verstärken sie ggf. Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben (bedingt durch eine erhöhte Bereitschaft über die Arbeitszeit hinaus zu arbeiten).

I‑Deals für (Arbeits-)Aufgaben (Vereinbarungen zur Arbeitsgestaltung und zur Anpassung von Arbeitsinhalten und -belastungen) hängen zusammen mit erhöhter Kontrolle und Komplexität im Job, was zu gesteigertem Arbeitsengagement, stärkerer Bindung an das Unternehmen, höherer Arbeitszufriedenheit und Gerechtigkeitswahrnehmung führen kann.

Verschiedene Zeitpunkte im Detail

I-Deals können zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen werden. Dabei spielen unterschiedliche Motive eine Rolle und jeder Zeitpunkt bietet Vorteile und Risiken (Rousseau et al., 2016):

Bereits vor Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis können bestimmte individuelle Vereinbarungen ausgehandelt werden. Unternehmen beabsichtigen damit besonders talentierte Kandidatinnen und Kandidaten zu rekrutieren und Beschäftigte können neben der ökonomischen Vergütung für sich wichtige Aspekte der Arbeit aushandeln (z.B. Möglichkeiten für Home-Office, Weiterbildungsangebote). Allerdings entstehen hierbei für das Unternehmen vergleichsweise hohe Kosten bei oftmals nur geringfügig verbesserten Einstellungen gegenüber dem Unternehmen.

Am häufigsten abgeschlossen werden I-Deals erst nach Beschäftigungsbeginn. Bei diesen Aushandlungen wollen Beschäftigte die Arbeit besser an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen (z. B. durch sich ändernde Lebensumstände), ihre Karrierepläne fördern oder ihre Bindung zum Unternehmen verstärken. Unternehmen oder Vorgesetzte können Beschäftigte motivieren, gute Leistung honorieren oder Leistungsprobleme angehen. Potenzielle Risiken für Beschäftigte bestehen in verringerten Karriereoptionen oder negativen Reaktion von Kolleginnen und Kollegen, wenn I-Deals schlecht verwaltet werden (z. B. mangelnde Kommunikation über I‑Deals) oder ihre Aushandlung wiederholt scheitert. Entgegen des eigentlichen Verhandlungsziels ist auch eine Entfremdung vom Unternehmen möglich.

I-Deals kommen auch als Mittel zum Einsatz, um einen drohenden Abgang oder Kündigungen abzuwenden. Unternehmen wollen zu diesem Zeitpunkt noch einen Versuch unternehmen, eine wertvolle Arbeitskraft mit entsprechenden Anreizen zu halten. Besonders riskant hierbei ist, dass loyale Arbeitskräfte übergangen werden (Belohnung von illoyalen und sehr mobilen Arbeitskräften, die „Angebotshopping“ betreiben) und Ungleichbehandlung in Arbeitsgruppen anwachsen kann. Aus einem kurzzeitigen Gewinn (erfolgreicher I-Deal) entstehen möglicherweise langfristige Verluste: Wenn beispielsweise strukturelle Probleme oder ursächliche Praktiken für Abwanderung nicht angegangen werden, zögert der I-Deal die Abwanderung nur hinaus und kostet Ressourcen (die zur Problembehebung ggf. fehlen).

Drei Zeitpunkte für I-Deals, die mit unterschiedlichen Motiven vebunden sind.

  • Vor Beschäftigungsbeginn

  • Nach Beschäftigungsbeginn

  • Bei angestrebter oder drohender Kündigung

I-Deals als Instrument zum Umgang mit Fachkräftemangel und demografischem Wandel

Aufgrund des Fachkräftemangels suchen immer mehr Unternehmen nach Strategien, ältere Beschäftigte anzustellen, zu motivieren und im Unternehmen zu halten. Schwierig ist, dass die Bedürfnisse von älteren (verglichen mit denen von jüngeren) Beschäftigten heterogener sind. I-Deals ermöglichen in diesem Zusammenhang einen höheren Individualisierungsgrad (Bal & Jansen, 2015).

Insbesondere I-Deals für Flexibilität (z. B. flexiblere Arbeitszeiten) wirken stärker auf ältere als auf jüngere Beschäftigte, da Ältere sie vermutlich mehr wertschätzen und als besonders nützlich ansehen, was in der Folge stärker das Arbeitsengagement von Älteren erhöht. Durch die ausgehandelte Flexibilität kann eine bessere Passung zwischen den individuellen Fähigkeiten und den Anforderungen an die Arbeit entstehen, sodass auch die Motivation zur Arbeit nach Erreichen des Ruhestandsalters steigt und die Anzahl krankheitsbedingter Fehltage reduziert werden kann.

Der Erfolg von I-Deals bei älteren Beschäftigten hängt aber womöglich neben dem Typ der I-Deals (z. B. Flexibilität) auch von einem positiven organisationalen Umfeld (z. B. unterstützendes Klima für Ältere; Fairnesswahrnehmung aller Kolleginnen und Kollegen) und der Nutzung von Strategien zum erfolgreichen Altern (z. B. SOK) ab.

Digitale Transformation und I-Deals

Digitalisierung erweitert das Spektrum an Möglichkeiten zur Gestaltung der unterschiedlichen Inhalte von I-deals. Digitale Technologien ermöglichen zum einen eine stärkere Flexibilisierung der Arbeit für eine wachsende Anzahl Beschäftigter. I-Deals stellen ein Instrument dar um diese Möglichkeiten zu nutzen, v.a. dort, wo dies nicht oder nur ungenügend über Tarifverträge oder anderweitige Kollektivereinbarungen geregelt ist. Statt flächendeckender Einführung geht es hier um einen individuellen Anreiz, z.B. durch individuelle Vereinbarungen zu Telearbeit oder Arbeitszeitregelungen.

Bestandteil von I-Deals kann auch die Einführung von Automatisierung und/oder Software sein, die die Arbeitsbelastung verringert oder eine (erwünschte) Verschiebung der Arbeitsaufgaben ermöglicht, sodass Beschäftigte engagierter die Aufgaben verfolgen können, die ihren individuellen Fähigkeiten entsprechen. Verhandlungen können auch digitale Schulungen oder Lerninhalte thematisieren, die die Einzelperson für ihre Entwicklung als wichtig erachtet.

Es kann auch einen Zusatznutzen für die Beschäftigten darstellen, wenn die private Nutzung hochwertiger Informations- und Kommunikationstechnologien des Unternehmens gestattet wird.

Die Forschung gibt derzeit noch keine Auskunft darüber, welche dieser konkreten Maßnahmen besonders wirkungsvoll sind, aber angesichts der bisherigen Erkenntnissen bewerten Beschäftigte den Erhalt der gewünschten Individualisierung und Flexibilisierung als sehr positiv.

Referenzen

Bal, P. M. & Jansen, P. G. W. (2015). Idiosyncratic Deals for Older Workers: Increased Heterogeneity Among Older Workers Enhance the Need for I-Deals. In Aging Workers and the Employee-Employer Relationship (S. 129–144). Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-08007-9_8

Hornung, S., Rousseau, D. M., Glaser, J., Angerer, P. & Weigl, M. (2010). Beyond top-down and bottom-up work redesign: Customizing job content through idiosyncratic deals. Journal of Organizational Behavior, 31(2-3), 187–215. https://doi.org/10.1002/job.625

Liao, C., Wayne, S. J. & Rousseau, D. M. (2016). Idiosyncratic deals in contemporary organizations: A qualitative and meta-analytical review. Journal of Organizational Behavior, 37, S9-S29. https://doi.org/10.1002/job.1959

Rosen, C. C., Slater, D. J., Chang, C.‑H. & Johnson, R. E. (2013). Let’s Make a Deal. Journal of Management, 39(3), 709–742. https://doi.org/10.1177/0149206310394865

Rousseau, D. M. (2001). The idiosyncratic Deal: Flexibility versus Fairness? Organizational Dynamics, 29(4), 260–273. https://doi.org/10.1016/S0090-2616(01)00032-8

Rousseau, D. M. (2015). I-deals: Idiosyncratic Deals Employees Bargain for Themselves. Routledge. https://doi.org/10.4324/9781315703589

Rousseau, D. M., Ho, V. T. & Greenberg, J. (2006). I-Deals: Idiosyncratic Terms in Employment Relationships. Academy of Management Review, 31(4), 977–994. https://doi.org/10.5465/amr.2006.22527470

Rousseau, D. M., Tomprou, M. & Simosi, M. (2016). Negotiating flexible and fair idiosyncratic deals (i-deals). Organizational Dynamics, 45(3), 185–196. https://doi.org/10.1016/j.orgdyn.2016.07.004