Wissenspool-Beitrag

Interview mit Prof. Dr. Niels Pinkwart – KI und KMU

27.04.2022
Lesezeit: ca. 8 min
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Prof. Dr. Niels Pinkwart ist Projektleiter des KI Wissens- und Weiterbildungszentrums am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Hier beantwortet er sieben Fragen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU).

Foto-Prof.-Dr.-Niels-Pinkwart

Warum sollten sich KMU mit KI auseinandersetzen?

„Die Digitalisierung quasi aller Bereiche unseres Lebens ist ein Trend, den wir seit Jahren beobachten und der durch die Corona-Pandemie nochmals mehr Schwung erhalten hat. Künstliche Intelligenz ist z.B. über Verfahren der automatisieren Datenanalyse oder des maschinellen Lernens heute eine Facette der Digitalisierung, die kaum wegzudenken ist und die Unternehmenswelt schon lange erreicht hat. Auch für KMU ist dies relevant: Künftig sind etwa veränderte Anforderungen von Kund:innen oder Auftraggeber:innen aber auch ganz neue Produkte und Dienstleistungen auf Basis von KI zu erwarten, und auch das Qualifikationsprofil für Fachkräfte in KMU ändert sich mit KI.“

Was bringt KI aus Ihrer Sicht für KMU? Welche Anwendungen gibt es, die insbesondere für KMU relevant sind?

„KI kann Wettbewerbsvorteile bringen, zum Beispiel durch Prozessautomatisierung, oder automatisierte Prozessanalysen Effizienz-Gewinne ermöglichen. Aber auch in der Produktion wird ‚Kolleg:in KI‘ in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Und Verfahren der KI können auch Assistenz für Beschäftigte z.B. mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen leisten und so zu einer breiteren Teilhabe am Arbeitsmarkt beitragen.“

Was braucht ein KMU für den erfolgreichen Einsatz von KI? Gibt es eine Blaupause für den KI-Einsatz?

„Eine einfache ‚Blaupause‘ gibt es aus meiner Sicht nicht – aber es gibt schon einige wichtige Bedingungen für den erfolgreichen Einsatz. Diese werden z.B. in Reifegradmodellen beschrieben. Zentral sind nach meiner Ansicht der strategische Aufbau von KI-Know-How im Unternehmen, z.B. durch gezielte Pilotprojekte zum Kompetenzaufbau und zum Sammeln von Erfahrung. Für die Auswahl von Projekten können Netzwerke mit starken Partner:innen hilfreich sein, es gibt aber auch eine Reihe von öffentlich verfügbaren Best Practices und Anlaufstellen.“

Warum ist Beteiligung und auch die Mitgestaltung von KI-Anwendungen durch die Beschäftigten so wichtig und wie kann das umgesetzt werden? Welche besonderen Herausforderungen stellen sich KMU?

„Beim Thema Künstliche Intelligenz schwingen bei vielen Menschen nicht nur positive Erwartungen mit, sondern oft auch Ängste – zum Beispiel vor dem Verlust von Arbeitsplätzen, oder davor nicht mehr „mithalten“ zu können. Will man also KI im Betrieb einführen, so ist es essentiell, die Akzeptanz und Motivation der Beschäftigten bei den Veränderungsprozessen sicherzustellen. Auch aufgrund knapper Ressourcen bei KMUs ist es wichtig, dass Beschäftigte sich aktiv am Wandel beteiligen. Auch beim KIWW sind aus diesem Grund sozialpartnerschaftliche Aspekte wichtiger Projektbestandteil.“

Was kann und sollte getan werden, um KMU mehr für das Thema Digitalisierung und KI zu sensibilisieren?

„Ganz wesentlich sind hier niedrigschwellige und praxisnahe Informations- und Beratungsangebote – welche auch für KMU interessant sind, die vielleicht noch keinen hohen Digitalisierungsgrad haben, sich aber perspektivisch schon fit für KI machen möchten. Hier können Use Cases für verschiedene Branchen hilfreich sein, um den (potenziellen) Nutzen von Digitalisierung und KI aufzuzeigen. Auch die gezielte Förderung von Partnernetzwerken (z.B. mit Technologieanbieter:innen) ist eine gute Strategie – viele KMUs stehen ja vor ähnlichen Problemen.“

Was wollen Sie mit dem KIWW erreichen? Welchen Auftrag hat es durch die Bundesregierung und das BMAS bekommen?

„Das KIWW hat die Hauptaufgabe, einen überregionalen Wissenspool zu menschenzentrierten KI-Systemen auszubauen. Dieser berücksichtigt die Bedürfnisse der Beschäftigten und beinhaltet daher partizipative bzw. co-kreative Verfahren der Einführung und Anwendung von KI in Unternehmen. Dazu gibt es Informations- und Weiterbildungsangebote, Vernetzungsaktivitäten (vor allem von KMU & Regionalen Zukunftszentren und weiteren Stakeholdern). Der Unterschied des KIWW zu anderen überregionalen Projekten wie etwa dem KI-Campus liegt in dem starken Fokus auf KMUs und der Betonung von Sozialpartnerschaft.“

An wen kann ich mich wenden, wenn ich mich als Beschäftigte:r oder Geschäftsführer:in eines KMU für KI interessiere?

„Hier sind zum Beispiel die durch das BMAS geförderten regionalen Zukunftszentren ideale Ansprechpartner:innen. Aber es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Beratungs- und Informationsquellen. Im Wissenspool des KIWW haben wir einige dieser Angebote zusammengestellt.“