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Eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zusammengefasst

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Wissenspool-Beitrag

Schreiben von Texten mithilfe Künstlicher Intelligenz – mögliche Auswirkungen für betroffene Beschäftigtengruppen mit Schreibtätigkeiten

24.04.2024
Lesezeit: ca. 15 min
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Einleitung

In der heutigen digitalen Ära eröffnen neue Softwareanwendungen, welche auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, spannende Möglichkeiten in der Texterstellung und -unterstützung. Eine aktuelle Auswertung zu Schreibtätigkeiten bei der Arbeit hat gezeigt, dass rund 40 Prozent aller Beschäftigten regelmäßig kurze bis mittellange Texte verfassen – unabhängig von Alter und Berufssektor. Diese Erkenntnis verdeutlicht das enorme Veränderungspotenzial, welches die KI mit sich bringt.

Zudem wurde untersucht, welche Beschäftigtengruppen besonders häufig von dieser technologischen Entwicklung betroffen sind. Die daraus resultierenden Chancen sowie Risiken für eine menschengerechte Arbeit wurden von einer Forschergruppe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin näher erörtert.

KI als Schreibwerkzeug

KI als Schreibwerkzeug kann einen erheblichen Beitrag zum Schreibprozess leisten, indem es automatisch Rechtschreib- und Grammatikfehler erkennt und korrigiert. Wodurch der Prozess des Schreibens nicht nur vereinfacht, sondern auch beschleunigt wird. Die KI basierten Vorschläge zur Verbesserung von Qualität und Schreibstil erweisen sich ebenfalls als durchaus hilfreich. Darüber hinaus ermöglicht KI die Generierung von Inhalten, welche insbesondere für daten- und faktenbasierte Texte vorteilhaft sind. Besonders die automatisierte Generierung von Texten basierend auf Freitexteingaben hat großes Potenzial, starken Einfluss auf Beschäftigte auszuüben, deren Arbeit das Verfassen von Texten beinhaltet.

Doch welche Beschäftigtengruppen sind von diesem technologischen Fortschritt am meisten betroffen? Und wie genau verändern sich die Schreibtätigkeiten mit der Integration von KI-basierten Sprachmodellen in den Arbeitsprozess?

Methode

Um diese Fragen beantworten zu können hat eine Forschergruppe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin die Daten der DiWaBe-Befragung zur Erhebung der Auswirkungen der digitalen Transformation herangezogen und ausgewertet. Die Durchführung der telefonischen DiWaBe-Befragung fand im Jahr 2019 in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), statt.

An der Befragung nahmen rund 8.000 Beschäftigte aus etwa 2.000 deutschen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben teil. Die Teilnehmerauswahl erfolgte mittels Zufallsstichprobe, bei der die Region, Betriebsgröße und Sektoren als Schichtungsfaktoren verwendet wurden. Zudem wurden nur Beschäftigte bis einschließlich 65 Jahren in die Untersuchung einbezogen. Letztlich basierte die Auswertung auf einer Untergruppe von 6.217 Angestellten, welche gültige Aussagen zu den relevanten Fragen gemacht haben.

Ergebnisse der Befragung

  • Über 90 Prozent der Beschäftigten schreiben kurze Texte oder Notizen.
  • Etwa 40 Prozent der Beschäftigten schreiben mittellange Texte (1-Seiter 28,7 %, 5-Seiter 11,9 %).
  • Nur ein geringer Anteil der Beschäftigten (etwa 3,5%) schreiben Texte von 25 Seiten oder mehr.

Geringe Altersunterschiede:

  • Beschäftigte zwischen 35 und 49 Jahren schreiben überwiegend mehr einseitige Texte
  • Beschäftigte zwischen 50 und 65 Jahren seltener längere Texte von 5 Seiten oder mehr verfassen.

Geringe Geschlechtsunterschiede:

  • Im Durchschnitt schreiben Männer etwas längere Texte als Frauen.

Welche Beschäftigtengruppen sind am meisten betroffen?

Deutliche Unterschiede in Bezug auf das Anforderungsniveau der Tätigkeiten:

  • Je höher das Anforderungsniveau einer Tätigkeit ist, desto längere Texte werden in der Regel verfasst.
  • In den Produktions- und sonstigen Dienstleistungsberufen wird im Vergleich zu anderen Berufssektoren weniger geschrieben, sowohl insgesamt als auch in Bezug auf längere Texte von 5 Seiten oder mehr.
Abbildung-1

Wie verändern sich die Schreibtätigkeiten mit der Verbreitung von KI-basierten Sprachmodellen?

Durch die zunehmende Verbreitung von KI-basierten Sprachmodellen ergeben sich auch Veränderungen in den Schreibtätigkeiten. Eine bedeutende Erkenntnis ist, dass etwa 40% der Beschäftigten mittellange Texte innerhalb ihrer Arbeit verfassen, welche potenziell in Zukunft durch den Einsatz von KI-gesteuerten Sprachmodellen unterstützt oder zum Teil ersetzt werden könnten. Das enorme Potenzial der KI, die Arbeitswelt, für insbesondere hochqualifizierte Beschäftigte, zu verändern, wird somit verdeutlicht.

Voraussetzungen für die Nutzung von KI- basierten Sprachmodellen

Allerdings können nicht alle Arten von Schreibtätigkeiten in gleichem Ausmaß von den aktuellen KI-Anwendungen unterstützt werden. Ein entscheidender Faktor dabei ist der Anteil der spezifischen Informationen. Wenn ein Text beispielsweise eine große Menge an konkreten Erfahrungen oder individuellen Anforderungen an betriebliche Vorgaben enthält, stoßen generische KI-Systeme an ihre Grenzen. Sie verfügen nicht über das spezifische Wissen und die Kontextualisierungsfähigkeiten, die für solche Texte erforderlich sind, wie beispielsweise bei der Beschreibung von Produkten oder der Erstellung von Jahresberichten.

Die erfolgreiche Nutzung von KI-basierten Sprachmodellen erfordert daher die Bereitstellung von relevanten Daten und Kenntnissen über die Zielgruppe des Textes. Je komplexer und spezifischer die Informationen sind, desto mehr Aufwand ist erforderlich, um diese in das KI-System einzubringen. Es ist jedoch auch zu beachten, dass bei stark standardisierten Texten mit begrenzten neuen Informationen bereits bestehende Vorlagen verwendet werden können, in die nur geringfügige Anpassungen eingefügt werden müssen, wie zum Beispiel bei der Erstellung von medizinischen Gutachten oder Arbeitszeugnissen.

Insgesamt bieten KI-basierte Sprachmodelle ihre Vorteile in Situationen, die zwischen den Extremen liegen. Insbesondere dann, wenn es darum geht, neue Texte unter Verwendung von öffentlich verfügbaren Informationen zu erstellen.

Chancen und Risiken von KI-basierten Sprachmodellen

Bei der Diskussion über die Auswirkungen von KI- basierten Sprachmodellen auf die Beschäftigten werden wichtige Fragen zur menschengerechten Arbeit aufgeworfen. Einerseits hat die digitale Transformation der Arbeitswelt den Zugang zu relevanten Informationen erleichtert. Andererseits kann es jedoch auch herausfordernd sein, die große Menge an verfügbaren Informationen zu verarbeiten und in den eigenen Arbeitskontext zu integrieren. Hier kommen automatisierte Zusammenfassungen durch KI-basierten Sprachmodelle ins Spiel; sie bieten die Chance, die Überforderung, verursacht durch die Informationsflut, zu verringern und dienen daher der Arbeitsassistenz.

Potenzielle Risiken der Nutzung von KI-basierten Sprachmodellen auf der Arbeit können durch die fehlende Transparenz dieser Technologien beschrieben werden. Die Benutzer:innen können somit möglicherweise nicht nachvollziehen, wie die KI zu einem spezifischen Ergebnissen gelangt ist. Zudem können KI-generierte Texte gut lesbar und somit sehr überzeugend wirken. Dadurch steigt das Risiko, potenzielle Fehler nicht aufzudecken und daher unkorrigiert zu lassen. Auf diese Weise kann es zu einem Übervertrauen in die KI und somit möglicherweise zu einem Kompetenzverlust der Benutzer:innen kommen. Sowohl für die Beschäftigten als auch für das Arbeitsergebnis stellt dies eine Gefahr dar, weil die KI keine Verantwortung für solche Fehler übernehmen kann. Die Haftung liegt also immer bei den Beschäftigten selbst.

Bewusste Nutzung von KI-basierten Sprachmodellen

Die genannten Risiken verlangen nach einer verantwortungsvollen Nutzung von KI-generierten Texten, insbesondere im Bereich der beruflichen Schreibtätigkeiten. Deshalb ist es essenziell abzuwiegen, wann und für welche Aufgabenbereiche die Verwendung von KI-basierten Sprachsystemen überhaupt sinnvoll ist. Zusätzlich muss anschließend eine manuelle Qualitätskontrolle der KI-generierten Texte erfolgen, um deren Richtigkeit sicherstellen zu können. Wiederum dadurch kann sich der Anteil an überwachenden Teilaufgaben beim Verfassen von Texten potenziell erhöhen.

Offene Fragen für zukünftige Forschung

  • Welche erforderlichen Kompetenzen müssen die Beschäftigten aufweisen und inwiefern muss die Transparenz der KI gesichert sein, um eine solche Qualitätskontrolle adäquat durchführen und letztlich die Verantwortung übernehmen zu können?
  • Welche Vorgaben und Leitlinien sollten festgelegt werden, um die Nutzung von KI-basierten Sprachmodellen für die Beschäftigten verantwortungsvoll und angemessen zu gestalten, ohne sie dabei zu überfordern?

Als Fazit lässt sich festhalten:

  • Viele Beschäftigte (vor allem hochqualifizierte) aus verschiedenen Altersgruppen und Berufsfeldern verfassen derzeit Texte während und für die Arbeit.
  • Es ist unklar, ob der technologische Fortschritt zu einer kompletten Umgestaltung der Arbeitsplätze oder lediglich zu einer Veränderung der Schreibtätigkeiten führen wird.
  • Berufe mit Fokus auf Schreibtätigkeiten bieten sowohl große Chancen als auch Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung von KI-Systemen.
  • Es besteht ein zunehmender Bedarf an klaren Regeln und definierten Verantwortlichkeiten, um die Chancen einer arbeitnehmerorientierten und effektiven Arbeit mithilfe von KI-basierten Dialogsystemen nutzen zu können.

Weitere Informationen

  • Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung (DiWaBe): Eine Datengrundlage für die interdisziplinäre Sozialpolitikforschung. Mannheim: ZEW-Dokumentation Nr. 20-02.
  • Jaume-Palasí L., Spielkamp M. (2017). Ethik und algorithmische Prozesse zur Entscheidungsfindung oder -vorbereitung. (Arbeitspapier Nr. 4). Berlin: AlgorithmWatch https://algorithmwatch.org/wp-content/uploads/2017/06/AlgorithmWatch_Arbeitspapier_4_Ethik_und_Algorithmen.pdf
  • Merritt, S. M., Ako-Brew, A., Bryant, W., Staley, A., McKenna, M., Leone, A., Shirase, L. (2019). „Automation-Induced Complacency Potential: Development and Validation of a New Scale.“ Frontiers in Psychology 10.
  • OpenAI (2023). https://chat.openai.com/chat
  • Vuori, V., Helander, N., Okkonen, J. (2019). Digitalization in knowledge work: The dream of enhanced performance. Cognition, Technology & Work, 21, 237-252.
  • Weber, C., Tegtmeier, P., Sommer, S. Tisch, A., Wischniewski, S. (2022). Kriterien einer menschengerechten Gestaltung von Arbeit in der digitalisierten Arbeitswelt. In: Tisch A., Wischniewski S. Sicherheit und Gesundheit in der digitalisierten Arbeitswelt. Kriterien für eine menschengerechte Gestaltung, Baden-Baden.

Quellen

Hartwig, Matthias; Tegtmeier, Patricia; Kirchhoff, Britta; Adolph, Lars; Meyer, Sophie-Charlotte; Tisch, Anita; Wischniewski Sascha, 2023. Schreiben von Texten durch künstliche Intelligenz: Mögliche Auswirkungen für betroffene Beschäftigtengruppen mit Schreibtätigkeiten. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. baua: Bericht kompakt

Hier geht’s zur Studie der baua:

https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Bericht-kompakt/KI-Texteschreiben.html

Michelle Kowalski
Studentin der Psychologie und wissenschaftliche Hilfskraft am Fraunhofer IAO