Agilität
Dieser Kurzbeitrag gibt einen Überblick zum Begriff und Querschnittsthema Agilität, welches, unter anderem, in den Bereichen New Work und Kompetenzen einen relevanten Erfolgsfaktor darstellt. Es wird auf die Begriffserläuterung, Praxisrelevanz und den Zusammenhang mit der digitalen Transformation eingegangen.
Take Home Messages
- Abbau von Bürokratie und langwierigen Prozessen
- Schaffung möglichst flacher Hierarchien und kurzer Entscheidungswege
- Förderung kollaborativen Handelns (intern & extern) sowie Partizipation der Beschäftigten
- Je höher Agilität von Beschäftigten und Organisationen, desto resilienter sind diese gegenüber Veränderungen und Krisen
Was ist Agilität?
Agilität, eng verknüpft und oft gleichgesetzt mit Flexibilität, beschreibt die Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit von Organisationen, Teams und Individuen. Von Relevanz sind die bewusste Entscheidung, proaktives Verhalten und Geschwindigkeit. Agilität setzt damit eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft voraus, um wandlungs- und damit langfristig handlungsfähig zu bleiben. Es geht um die aktive Gestaltung u. a. von Prozessen, Märkten oder Produkten durch das eigene Handeln sowie die vorausschauende oder schnellen Anpassung an sich ändernde oder geänderte Rahmenbedingungen, Umwelten oder auch Werte. Agilität wird als zentraler Erfolgsfaktor in der sich ändernden und digitaler werdenden Arbeitswelt, welche in der Literatur häufig mit dem VUCA-Modell in Verbindung gebracht wird, gesehen. (vgl. Prodoehl 2019)
Die Fähigkeit, wandlungsfähig zu bleiben und sich kontinuierlich und vor allem schnell an neue Bedingungen anzupassen, ist relevant für einen langfristigen Unternehmenserfolg. Damit stellt Agilität eine der wichtigsten Kompetenzen in der digitalen Arbeitswelt dar. Eine beispielhafte Darstellung des Zusammenhanges zwischen Agilität und VUCA-Welt findet sich in folgender Abbildung 1.
Agilität, eng verknüpft mit Flexibilität, beschreibt die erfolgreiche und schnelle Anpassungsfähigkeit von Organisationen oder Individuen.
Abbildung 1: VUCA-Modell (Quelle: Olbert & Prodoehl 2019, S. 3)
Vorteile und Agilität in der Praxis
Agilität bietet Unternehmen und Organisationen die Möglichkeit, sich in der sich kontinuierlich verändernden und damit von Unsicherheiten geprägten Arbeitswelt an neue Bedingungen anzupassen und damit, trotz vieler Unwägbarkeiten, handlungsfähig zu bleiben. Im Organisationskontext bildet sich Agilität häufig in den folgenden Bereichen ab (vgl. Häusling et al. 2018; vgl. Weber & Ribbat 2021):
- Prozesse: kleinere Teams sowie kürzere, iterative und weniger lineare Entwicklungszyklen
- Kundenorientierung: Ausrichtung von Produkten, Leistungen und der Strategie stärker an Feedback und Wünschen von Kunden und weiteren Stakeholdern
- Führung: Wandel vom Kontrollmedium hin zu einer Instanz zur Schaffung optimaler Arbeits- und Rahmenbedingungen („Enabler“)
- Kultur: stärkere Prägung von Vertrauen, Freiräumen/Autonomie, Kommunikation, Transparenz und Partizipation
In Abbildung 2 findet sich zur Verdeutlichung des sich ändernden Führungsverständnisses und der damit verbundenen Rolle eine Gegenüberstellung. In Abbildung 3 ist ein Überblick von Kennzeichen und Eigenschaften agiler Organisationen dargestellt.
Agilität ermöglicht die stetige Veränderung am Bestehenden in Organisationen, steigert die Anpassbarkeit und Veränderungsbereitschaft. Damit besteht eine enge Verbindung zur Organisationsentwicklung. Es ergibt sich, dass agile Organisationen einer veränderten Führung, neuer Kompetenzen auf Seiten der Beschäftigten und angepasster Strukturen und Prozesse bedürfen (vgl. Unkrig 2020). Zeitgleich ist darauf zu achten, dass trotz geforderter Flexibilität und Schnelligkeit, die Anpassungen nicht unkoordiniert ablaufen. Dies würde die Gefahr bergen, dass die negativen Folgen agilen Handelns und agiler Strukturen überwiegen, damit Vorteile aus Flexibilität und Eigenständigkeit u. a. durch Unklarheiten und Überforderung ersetzt würden (vgl. Zirkler & Werkmann-Karcher 2020). Aus diesem Grund sollten auch agile Strukturen, Prozesse und Methoden einer kontinuierlichen und iterativen Kontrolle unterzogen werden, ob diese der Unternehmensstrategie und nachhaltigen Veränderung weiterhin zuträglich sind. So bedarf es auch in der Schaffung agiler Unternehmen eines gut aufgestellten und umfänglichen Kompetenzmanagements, verankert im Rahmen der Personalentwicklung, um den entscheidenden Erfolgsfaktor erfolgreicher Veränderungen vorzubereiten – den Menschen (vgl. Sauter et al. 2018; vgl. von Kyaw 2016).
Hervorzuheben sind zusätzlich die enge Verbindung zu New Work, einer physischen, wert- und kulturorientierten neuen Arbeitswelt, ausgerichtet an sinnstiftenden, stärker selbstorganisierten Tätigkeiten, dem Lean Management, einer schrittweisen, aber kontinuierlichen Optimierung von Prozessschritten mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und dem agilen Manifest aus der Softwareentwicklung, näher ausgeführt im Beitrag „Agiles Projektmanagement“ (vgl. Sauter et al. 2018; vgl. Zirkler 2020). Die grundlegenden Methoden und Konzepte agiler Arbeitsweisen sind unter anderen SCRUM, Design Thinking und Kanban (vgl. Böhm 2019; vgl. Prodoehl 2019).
Um Agilität in einer Organisation erfolgreich umzusetzen und damit schneller und erfolgreicher auf Veränderungen reagieren oder diese proaktiv angehen zu können, bedarf es neben veränderten Methoden und Prozessen auch eines geänderten Führungsverständnisses und einer passenden Organisationskultur.
Abbildung 2: Führung in agilen Organisationen
(Quelle: Olbert & Prodoehl 2019, S.9)
Abbildung 3: Kennzeichen agiler Organisationen
(Quelle: Prodoehl 2019, S. 14)
Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen
Der Megatrend der digitalen Transformation, welcher das Wirtschaften nachhaltig verändern wird, stellt Unternehmen vor die Herausforderung, sich kontinuierlich an neue und geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Agilität als organisationale und individuelle Kompetenz bietet eine Möglichkeit, den Wandel proaktiv mitzugestalten und durch eine gesteigerte Veränderungsbereitschaft resilienter gegenüber sich ändernden Rahmenbedingungen und Krisen zu sein. Um Unternehmen allerdings agiler zu gestalten sind besonders eine klare Vision und Strategie, eine von Offenheit und Lernförderlichkeit geprägte Kultur und ein angepasstes Führungsverständnis mit den richtigen Kompetenzen auf Seiten aller Beschäftigten von Nöten. Unter anderem mit diesen Voraussetzungen lassen sich agile Prozesse, Strukturen und Methoden im Unternehmen etablieren.
Agilen Unternehmen ist damit die Bewältigung der digitalen Transformation möglich, wobei zeitgleich neue digitale Technologien Unternehmen dabei unterstützen können, agiler zu werden. Ermöglicht wird dies bspw. durch jederzeit aufbereitet und strukturiert abrufbare Informations- und Wissensbestände und Kollaborationstools für eine schnelle und ortsunabhängige Zusammenarbeit. Zusätzlich steigern Agilität und New-Work-Konzepte die Arbeitgeberattraktivität und stellen ein Mittel gegen den voranschreitenden Fachkräftemangel dar (vgl. Kästner 2021).
Besonders KMU ist eine agile Aufstellung häufig einfacher möglich als Großunternehmen, da diese meist weiniger starre Regelungen, Strukturen und Hierarchien sowie kürze Entscheidungs- und Kommunikationswege aufweisen (vgl. Brink et al. 2020). So sollten die positiven Erfahrungen aus dem Digitalisierungs- und Agilitätsschub der Covid-19-Pandemie evaluiert und für zukünftige Veränderungen oder Krisen genutzt werden.
Letztendlich muss noch herausgestellt werden, dass die agile Organisation kein hundertprozentiger Erfolgsgarant für moderne, zukunftsfähige Organisationen und die Bewältigung der digitalen Transformation darstellt. Es muss auf eine individuelle Ausgestaltung agilen Handelns, ausgerichtet an Vision, Strategie und Zielen der Organisation und eine realistische Nutzenevaluierung stattfinden. Es muss auf ein ausgewogenes Maß geachtet werden, da auch Routinen und Handlungssicherheiten in der Arbeitswelt von Relevanz für den Erfolg und gelungene, zuverlässige Zusammenarbeit darstellen.
Durch die agile Organisation wird eine erhöhte (individuelle) Flexibilität und Eigenverantwortlichkeit ermöglicht, sodass Organisationen schneller in der Lage sind, sich beispielsweise an veränderte Bedingungen am Markt anzupassen und dabei erfolgreich zu bleiben. Damit fördert Agilität auch die Anpassung und Gestaltung der digitalen Transformation.
Weiterführende Inhalte
Ein vertiefender Beitrag zum Themenfeld “Agiles Projektmanagement” als Umsetzungsstrategie findet sich hier.
Das Zukunftszentrum Brandenburg bietet Materialien zu „Führung im digitalen Wandel“ und „Agilen Arbeitsmethoden“ an.
Weiterhin finden sich im Wissenspool des Zukunftszentrum Sachsen nützliche Materialien und Beiträge zu den Themen Agilität, New Work und Führung.
Unter dem Beitrag „Qualifizierung zum agilen Arbeiten: 4 Schritte zum Erfolg“ finden sich praktischen Umsetzungsempfehlungen zur Qualifizierung von Mitarbeitenden für agiles Arbeiten seitens der Initiative neue Qualität der Arbeit (INQA).
Böhm, J. (2019): Erfolgsfaktor Agilität. Warum Scrum und Kanban zu zufriedenen Mitarbeitern und erfolgreichen Kunden führen. Springer Fachmedien, Wiesbaden.
Brink, S.; Löher, J.; Icks, A.; Pasing, P. & Haase, I. (2020). Unternehmensübergreifende Innovationen im Wandel: Eine Chance für mittelständische Unternehmen? Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn.
Häusling, A.; Römer, E. & Zeppenfeld, N. (2018): Praxisbuch Agilität. Tools für Personal- und Organisationsentwicklung. Haufe, Freiburg.
Kästner, E. (2021): Zukunft der Arbeit. Innovation & Kreativität im Arbeitsumfeld innovationsferner Branchen. Whitepaper einer Forschungskooperation LF Gruppe, Leipzig.
Olbert, S. & Prodoehl, H. G. (2019): 10 Thesen zum Agilitäts-Management in Organisationen. In: Olbert, S. & Prodoehl H. G. (Hrsg.) (2019): Überlebenselixier Agilität. Wie Agilitäts-Management die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichert. Springer Fachmedien, Wiesbaden, S. 1-10.
Prodoehl, H. G. (2019): Das agile Unternehmen. Agilität: Paradigma für die Unternehmensführung im 21. Jahrhundert. In: Olbert, S. & Prodoehl H. G. (Hrsg.) (2019): Überlebenselixier Agilität. Wie Agilitäts-Management die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichert. Springer Fachmedien, Wiesbaden, S. 11-59.
Sauter, R.; Suater, W. & Wolfig, R. (2018): Agile Werte und Kompetenzentwicklung. Wege in eine neue Arbeitswelt. Springer-Verlag, Berlin.
Unkrig, E. R. (2020): Mandate der Führung 4.0. Agilität – Resilienz – Vitalität. Springer Fachmedien, Wiesbaden.
von Kyaw, F. (2016): Neue Ziele im Talentmanagement: Veränderungsfähigkeit und Agilität. In: Schwuchow, K. & Gutmann, J. (Hrsg.) (2016): Personalentwicklung. Themen, Trends, Best Practice 2017. Haufe, Freiburg, S. 362-370.
Weber, C. & Ribbat, M. (2021): Kennzeichen flexibler, agiler Organisationen und ihre Bedeutung für Führung und Wohlbefinden bei der Arbeit. In: Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin: ASU, Zeitschrift für medizinische Prävention, Volume 56, Nr. 12 2021. Seiten 738-745, https://www.asu-arbeitsmedizin.com/wissenschaft/kennzeichen-flexibler-agiler-organisationen-und-ihre-bedeutung-fuer-fuehrung-und (letzter Zugriff: 10.01.2022).
Zirkler, M. & Werkmann-Karcher (2020): Psychologie der Agilität. Lernwege für Individuen und Teams. Springer Fachmedien, Wiesbaden.
bitkom (2020): Agilität in Organisationen. Ein Leitfaden für die Praxis. Bitkom, Berlin, https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Agilitaet-in-Organisationen (letzter Zugriff: 10.01.2022).
Boes, A.; Kämpf, T.; Langes, B. & Lühr, T. (2017): „Lean“ und „agil“ im Büro. Neue Organisationskonzepte in der digitalen Transformation und ihre Folgen für die Angestellten. Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-006787 (letzter Zugriff: 17.12.2021).
Modern Agil Community-Blog: https://modernagile.org/.